Kürzlich hatte ich Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann ins Naturschutzgebiet „Brombachertal“ eingeladen. Die dortigen Wiesentäler sind Lebensraum seltener Schmetterlinge und der vom Aussterben bedrohten Äskulapnatter. Wir trafen Schäfer Alfons Gimber, dessen Vater bereits im Brombacher Tal hütete, und der mit seinen Schafen dafür sorgt, dass die Hänge nicht zuwachsen.
Er zeigte uns eine Brombeerhecke, die sich das Tal entlang zieht und hier laut Managementplan eigentlich nicht sein sollte. Während der Vegetationszeit darf die Hecke nicht entfernt werden, zudem sollen die Wiesenblumen Zeit zum Blühen bekommen. Brombeerranken und Gebüsch aber wuchern mit ihnen um die Wette und müssen umso mühsamer zurückgedrängt werden um die Wiesen zu erhalten.
Doch auch mit dem Dickicht der Bürokratie hat der Schäfer zu kämpfen. Für Gimber wie für die meisten seiner Zunft ist der Vertragsnaturschutz ein wichtiges Standbein, da die traditionelle Schäferei unter den aktuellen agrarwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr rentabel ist. Alle drei Jahre muss er seine Flächen auf den Quadratmeter genau kartieren und jeden Baum und jede Hecke herausrechnen. „Das kann doch nicht die Lösung sein“, findet Gimber, der Vorsitzender des Landesschafzuchtverbandes ist und lieber Schafe als Quadratmeter zählen würde. Bei der Kofinanzierung mit der EU sei es wichtig, dass der Landwirtschaftsminister den Kontrolleuren klare und praktikable Vorgaben macht.
„Wir wollen Anreize geben damit die Agrarförderung ökologischer wird“, erläuterte Andre Baumann die Politik des grün geführten Umweltministeriums. Dem Schäfer sagten wir zu, seine Anregungen an die zuständigen Stellen weiter zu geben. Gimber freute sich über das Interesse an der Schafhaltung. „Es gibt ja nicht mehr viele Schäfer“, sagte er bedauernd.
Andre Baumann kennt sich als ehemaliger NABU-Landesvorsitzender bestens aus im Gebiet. Zielstrebig steuerte er einen Holzstapel an, griff beherzt hinein und hielt nach kurzer Suche eine sich windende Äskulapnatter in Händen. „Das Brombacher Tal ist das erste Naturschutzgebiet, das dieser extrem seltenen Schlangenart gewidmet ist. In Baden-Württemberg kommt sie nur im Neckartal zwischen Heidelberg und Eberbach vor“, informierte er.
Wie bestellt, flog ein Wiesenknopf-Ameisenbläuling um ein Ameisennest. Die Raupen werden von Ameisen in den Bau eingeschleppt und ernähren sich dort von der Brut. Der Schmetterling ist auf europäischer Ebene streng geschützt und profitiert von der Schafweide.
Auf einen kurzen Pfiff von Bodo Peter trieben die Hunde die Herde zusammen – es war beeindruckend dieses eingespielte Team zu beobachten. 600 Schafe mit Lämmern hütet er für Gimber. Von 10.30 Uhr bis 18.30 Uhr zieht der Schäfer mit der Herde umher bevor er sie für die Nacht mit einem mobilen Elektrozaun umzäunt. Mit Anette Wohlfarth, Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbandes, sprach Gimber auch das aktuelle Thema Herdenschutz an. Wie kann man die Schafe schützen, sollte der Wolf tatsächlich nach Baden-Württemberg zurückkehren? Sind die neu entwickelten Zäune sicher und mit dem Einsatz von Herdenschutzhunden zu vereinbaren?
Im Stall in Lobenfeld stehen die Schafe, die wenige Tage alte Zwillinge haben. Sie lernen, beide Lämmer anzunehmen, bevor sie mit ihnen wieder zur Herde zurückkehren. Einige größere Lämmer sind für die Schlachtbank bestimmt. „Die Leute haben keinen Bezug mehr zum Nutztier“, stellt Gimber angesichts mancher Reaktionen fest. Wenn Schäfer nicht auch schlachten würden, gäbe es weder Schafe noch Schäfer.
Es gibt ein schmackhaftes Vesper mit Lammschinken und gut gewürzter Lammleberwurst. Er esse nur gelegentlich Fleisch und wenn, dann Lamm oder Wild, betont Katzenstein und greift zu. „Das ist keine Massentierhaltung, die Lämmer haben zwar kurz, aber glücklich gelebt“, stellt er fest.
Giber schlachtet noch selbst, vermarktet das Fleisch direkt und arbeitet dabei mit vier Metzgereien im Umkreis zusammen. Die Kundschaft ist international und kommt aus dem gesamten Rhein-Neckar-Kreis. „Da gibt es Großfamilien, die ein ganzes Lamm nehmen“, berichtet er.
Doch die Schäferei hat Nachwuchssorgen. Der Stundenlohn liegt aktuell bei 6,49 Euro. Seit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sei er deutlich gestiegen, sei aber immer noch weit weg vom Mindestlohn, betont Wohlfarth. Auch die Arbeitszeiten sind ein Problem, denn Schafe wollen jeden Tag versorgt werden. Junior Florian Gimber tritt dennoch in die Fußstapfen seines Vaters und ist bereits als Gesellschafter in den Betrieb eingestiegen. „Das ist kein normaler Job, das muss man wollen“, sagt er.