Für Gruppen ab zehn Personen bis maximal 75 Personen bietet der Landtag in Stuttgart an Plenartagen ein zweistündiges Programm an. Es besteht in der Regel aus einer Einführung, einem Abgeordnetengespräch und der Teilnahme an einer Plenarsitzung.
Eine entsprechende Besuchsfahrt organisierte unter der Leitung des Politikdozenten Hartmut Müller kürzlich die Volkshochschule Sinsheim.
Vom Stuttgarter Bahnhof – die Anreise erfolgte per Zug – läuft man rund zehn Minuten zum Landtag. Die Debatte im Plenum verfolgte die Gruppe von der Empore aus, von wo sie einen guten Überblick über den Plenarsaal hatte. Gerade wurde das „Gesetz über die Feststellung eines Dritten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2016“ beraten. Man konnte sich also getrost darauf verlegen, den Ablauf der Sitzung, das Verhalten der Regierungsmitglieder oder den Fleiß einiger Abgeordneter zu beobachten, die sich ganz ihren iPads oder Unterlagen hingaben. Manche liefen auch raus, was entschuldbar ist wenn man bedenkt, dass die Plenarsitzungen den ganzen Tag dauern und die Redebeiträge in allen Fluren und bis in die letzte Toilette hinein übertragen werden.
Außerdem – so war beim anschließenden Informationsgespräch zu erfahren – finde die eigentliche politische Arbeit vorab in den Ausschüssen statt. Aufgefallen war auch, dass einige Regierungsmitglieder bei den Abstimmungen von der Regierungsbank in die Reihen der Abgeordneten wechselten, da sie einer der beiden Regierungsfraktionen angehören. Bei den Debatten dominierte, zumindest in zeitlicher Hinsicht – die AFD, da sich für sie zum Leidwesen der Anderen durch die Aufspaltung in zwei Fraktionen die Redezeit verdoppelt hatte.
Pünktlich erschienen die Abgeordneten im Wahlkreis Sinsheim – Hermino Katzenstein (Grüne) und Albrecht Schütte (CDU) – sowie der Betreuungsabgeordnete der SPD, Gerhard Kleinböck. Sie stellten sich kurz vor und standen dann den Bürgern für Fragen zur Verfügung. Ein Bürger aus Spechbach, der sich für Flüchtlinge engagiert, beschwerte sich über die Bürokratie, die es den Menschen schwer mache, eine Arbeitsstelle zu finden. Vier bis sechs Wochen dauere die Vorrangprüfung, bis dahin habe der Arbeitgeber die Stelle schon anderweitig besetzt. Er solle ihm den konkreten Fall nennen, dann könne er mit Schütte einen Abgeordnetenbrief schreiben, schlug Katzenstein vor.
Auch die Nebenabsprachen zum Koalitionsvertrag wurden kritisiert. „Ich wusste davon auch lange nichts“, entgegnete Katzenstein. „Was dort drinsteht ist zwar nicht dramatisch, es hätte aber meiner Meinung nach mit veröffentlicht werden sollen.“ Auch die anderen Abgeordneten äußerten sich in dieser Richtung. Eine Bürgerin wollte wissen, wie weit der Landkreis über die Betreuung von Flüchtlingen bestimme. Den Betreuungsschlüssel von 1 zu 120 einzuhalten habe der Landkreis nie geschafft, da auf die Schnelle nicht genug Sozialarbeiter zu bekommen waren, berichtet Katzenstein, der auch Kreisrat ist. Der Kreis könne aber entscheiden, welche Hilfe und Unterstützung er den Ehrenamtlichen zukommen lasse.